ERC Starting Grant zur Charakterisierung des Higgs-Teilchens

DESY-Physikerin Kerstin Tackmann bekommt für Forschungen zur genaueren Charakterisierung des Higgs-Teilchens gut 1,3 Mio. Euro vom European Research Council (ERC). Mit einem Starting Grant wird sie eine Forschungsgruppe aufbauen, die innerhalb der internationalen ATLAS Collaboration die Eigenschaften des Higgs-Teilchens genauestens untersucht. Diese Messungen sind ein wichtiger Schritt, um zu identifizieren, ob das Teilchen in das Standardmodell der Teilchenphysik passt. Der Start des 5-Jahres-Projekts ist für 2016 vorgesehen.

Seit die Teilchenphysiker der großen LHC-Experimente ATLAS und CMS im Jahr 2012 die Entdeckung eines Teilchens bekannt gaben, dessen Eigenschaften denen des lange gesuchten Higgs-Teilchens entsprechen, steht die Teilchenphysik vor einem äußerst spannenden Rätsel: Passt dieses Higgs-Teilchen in das Standardmodell der Teilchenphysik, das gültige Modell zur Beschreibung der elementaren Materieteilchen und der Kräfte, die zwischen ihnen wirken, oder eröffnet es den Weg zu einer neuen, übergeordneten Theorie.

Die Masse von rund 125 Giga-Elektronenvolt (GeV) und den Wert von Null für den Eigendrehimpuls des Teilchens, den sogenannten Spin, können die Forscher mit den bisher vorliegenden Daten schon recht genau bestimmen. Um jedoch präzisere Aussagen über weitere Eigenschaften des Teilchens zu treffen, müssen die Forscher wesentlich mehr Daten von Proton-Proton-Kollision am LHC auswerten. Insbesondere interessiert sie die Frage, wie genau das Higgs-Feld, dessen Indiz ja das Higgs-Teilchen ist, den Elementarteilchen Masse verleiht. Hierfür hat jetzt die Auswertung der Kollisionsdaten des „LHC Run 2“ begonnen, der in diesem Sommer gestartet ist und in dem etwa 15-mal so viele Higgs-Teilchen erzeugt werden sollen wie im bisherigen LHC-Betrieb. Die Analyse dieser großen Menge an Kollisionsdaten lässt wesentlich stichhaltigere Aussagen zu.

Kerstin Tackmann will sich zusammen mit zwei Post-Docs und drei Doktoranden diesen Fragen widmen und dafür genauestens die Kollisionen im ATLAS-Detektor aus „Run 2“ analysieren. Dabei arbeitet sie innerhalb der ATLAS Collaboration mit hunderten Wissenschaftlern aus aller Welt zusammen. Ihre Arbeitsgruppe wird sich auf die Messung der kinematischen Eigenschaften der Produktion des Higgs-Teilchens konzentrieren. Im Fokus stehen insbesondere die Zerfälle des Higgs-Teilchens in zwei Photonen oder vier Leptonen, die sehr präzise Messungen ermöglichen. Hier könnten sich Abweichungen von den Präzisionsvorhersagen des Standardmodells zeigen, falls das Higgs-Teilchen nicht ins Standardmodell passt.