Erste Teilchen kreisen im umgebauten SuperKEKB-Beschleuniger

Der BELLE II-Detektor am SuperKEKB-Beschleuniger (Foto: KEK).

Beschleunigerexperten in Japan haben diese Woche den komplett umgerüsteten Teilchenbeschleuniger SuperKEKB wieder in Betrieb genommen. Zum ersten Mal seit seiner fünfjährigen Umbauphase kreisen wieder Elektronen und Positronen im drei Kilometer langen Beschleuniger. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Teilchenkollisionen im ebenfalls fast komplett umgebauten Detektor Belle II, an dem auch DESY und andere Universitäten und Institute aus Deutschland maßgeblich beteiligt sind. Mit den Kollisionen wollen Physiker eine Antwort auf die Frage finden, warum das Universum aus Materie besteht, obwohl beim Urknall Materie und Antimaterie in genau gleichen Mengen entstanden sein müssten. SuperKEKB ist der erste Teilchenbeschleuniger, der seit dem Large Hadron Collider am CERN in Genf seinen Betrieb für die Teilchenphysik aufnimmt.

Mit den kreisenden Teilchen ist zwar ein wichtiger Meilenstein erreicht, allerdings steht das Projekt damit erst am Anfang. Der offizielle Beginn des Forschungsprogramms ist erst in zwei Jahren. Bis vor einigen Jahren hieß der Beschleuniger noch „KEKB“ und der Detektor „Belle“; zusammen haben sie wichtige grundlegende Erkenntnisse für unser Verständnis über den Aufbau der Materie geliefert. Dieser Erfolg wurde im Jahr 2008 mit dem Physik-Nobelpreis für die japanischen Theoretiker Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa gewürdigt. Mit dem aufgerüsteten SuperKEKB soll nun die 50-fache Menge an Kollisionsdaten im Vergleich zum Vorgänger erzeugt werden. Diese höhere Luminosität, die ein Maß für die Anzahl der Kollisionen ist, wird durch besonders leistungsfähige Fokussierungsmagnete und andere neue Elemente im Beschleuniger erreicht.

Mehr Kollisionen bedeuten aber auch höhere Anforderungen an den Detektor, der jetzt plötzlich aus einem viel größeren Gewirr von Teilchenkollisionen die spannenden herausfiltern und aufzeichnen muss. Dafür bauen die Belle II-Forscher an neuartigen Detektorkomponenten, die direkt um den Kollisionspunkt liegen und die Spuren, Zerfallspunkte und andere Eigenschaften der bei den Kollisionen entstehenden Teilchen genau aufzeichnen können. Einer davon ist der hochempfindliche Vertexdetektor, der zum Teil von deutschen Gruppen gebaut wird.

Besonderen Wert legen die Forscher hier auf die Identifikation von B-Mesonen – Teilchen, die mindestens ein b-Quark oder b-Antiquark enthalten und die in großer Anzahl paarweise von SuperKEKB erzeugt werden. Sie können Aufschluss über das Missverhältnis von Materie zu Antimaterie im Universum geben. Durch die hohen Kollisionsraten ergänzt Belle II damit die Forschung, die das LHCb-Experiment am Large Hadron Collider am CERN macht, weil es bestimmte seltene Prozesse sehr viel besser aufspüren und untersuchen kann.

Doch bevor auch der sehr empfindliche Vertexdetektor den Teilchenkollisionen ausgesetzt werden kann, wollen die Wissenschaftler erst genau verstehen, wie das Kollisions- und Zerfallsdurcheinander aussieht, um den Beschleuniger von Anfang an richtig „einstellen“ zu können. Dafür bauen sie eine Art High-Tech-Detektor-Dummy, der zunächst anstelle des Vertexdetektors eingebaut wird, um den Untergrund genau untersuchen zu können. In Anlehnung an das Märchen von der Schönen (Beauty / Belle) und dem Biest wurde er BEAST II (Beam Exorcism for A STable Belle II) getauft. BEAST II soll ab Herbst 2017 Daten nehmen.

DESY ist eines von elf deutschen und 98 internationalen Instituten aus 23 Ländern, die den Belle II-Detektor gemeinsam entwickeln, bauen und später die Daten auswerten. Die rund 20 Forscherinnen und Forscher bei DESY sorgen unter anderem dafür, dass BEAST II und Prototypen des endgültigen Vertexdetektors am DESY-Teststrahl realitätsnah getestet werden und später sicher in den Belle II-Detektor integriert werden können. Darüberhinaus sind sie für das komplexe Kühlsystem mitverantwortlich und müssen sicherstellen, dass alle Detektorkomponenten genau zueinander ausgerichtet und optimal kalibriert sind und das Magnetfeld genau vermessen wird. Außerdem wird Belle II enorme Datenmengen erzeugen, die gespeichert, rekonstruiert und analysiert werden müssen. Für die Speicher- und Rechenkapazitäten sorgt DESY zu einem signifikanten Teil.