Fortschritt bei Belle II: Magnete in Japan und Tests bei DESY

Modernes Wimmelbild: Dieses bei DESY entwickelte Vakuum-Verbindungssystem verbindet Strahlrohr und High-Tech-Detektor miteinander (Foto: DESY/H. Müller-Elsner).

Live aus dem DESY-Teststrahl: Ein Wissenschaftler setzt neue Module in den Testaufbau ein (Foto: Belle II Collab.).

Beim Belle II-Projekt am japanischen Forschungszentrum KEK geht es mit großen Schritten voran. Der Detektor wird in internationaler Kooperation umgebaut und muss sorgfältig getestet werden, bevor er in etwa einem Jahr am ebenfalls umgebauten SuperKEKB-Beschleuniger seinen Dienst aufnehmen kann.

Die zentrale Komponente von Belle II ist der neuartige Pixelvertexdetektor (PXD), der nur 14 Millimeter vom Wechselwirkungspunkt entfernt die Kollisionsprodukte mit höchster Genauigkeit vermessen soll. Prototypen dieser in Deutschland entwickelten Sensortechnologie werden gerade am DESY-Teststrahl intensiv getestet.

Der Belle II-Detektor wird gegenüber seinem Vorgänger Belle viel leistungsfähiger sein. Auch die Datenmenge wird sich durch den Umbau des Beschleunigers um das 50-fache steigern, so dass Physiker auch extrem seltene Prozesse untersuchen können, die möglicherweise Aufschluss über Quellen von sogenannter „Neuer Physik“ geben.

Für die Erhöhung der Kollisionsrate sind u.a. zwei außergewöhnlich leistungsstarke Fokussiermagnete erforderlich, die direkt vor und hinter dem Wechselwirkungspunkt die Teilchenstrahlen extrem bündeln werden. Das erste dieser beiden hochkomplexen Magnetsysteme wurde bereits im August 2015 am KEK eingebaut. Mit der Lieferung des zweiten Magneten vor zwei Wochen wurde nun ein weiterer wichtiger Meilenstein für das Gesamtprojekt erreicht.

Zwischen diesen Magneten wird später der neue und hochempfindliche Vertexdetektor eingebaut. Einbau und Vermessung der Magnete liegt in der Verantwortung der KEK-Maschinengruppe, aber DESY ist für die Vermessung des Detektor-Magnetfeldes zuständig, inklusive der Streufelder der neuen Fokussier-Magnete. „Das Magnetfeld und die Streufelder müssen wir ganz genau kennen und bei der Rekonstruktion der Teilchenspuren verwenden, um die volle Präzision von Belle II ausschöpfen zu können“, erklärt Carsten Niebuhr, Belle II-Gruppenleiter bei DESY.

Ebenfalls von DESY stammt ein ausgeklügeltes Vakuum-Verbindungssystem, das das zentrale Strahlrohr, auf dem der neue Vertexdetektor (VXD) montiert wird, mit dem Vakuumsystem in den Fokussiermagneten verbindet. Die besondere Schwierigkeit liegt darin, dass aufgrund der extrem engen Platzverhältnisse das Schließen und Öffnen dieser Verbindungen ferngesteuert erfolgen muss.

Auch in den Teststrahlanlagen bei DESY in Hamburg dreht sich im Moment fast alles um Belle II. Zwei neue PXD-Module wurden gerade vom Max-Planck-Institut für Physik in München geliefert und diese Woche in den Testaufbau eingebaut. Die Wissenschaftler wollen herausfinden, wie die verschiedenen Sensoren, die Datennahme-Software und der sogenannte Trigger – der Auslöser für das Speichern der Daten – zusammen funktionieren. Das Ganze tun sie an einer Art High-Tech-Detektor-Dummy. Denn bevor der sehr empfindliche Vertexdetektor den hochintensiven Teilchenkollisionen an SuperKEKB ausgesetzt werden kann, wollen die Wissenschaftler genau verstehen, wie dort das Kollisions- und Zerfallsdurcheinander aussieht, um den Beschleuniger von Anfang an optimal „einstellen“ zu können. Hier hilft der Dummy, der jetzt bei DESY im Teststand ist. In Anlehnung an das Märchen von der Schönen (Beauty / Belle) und dem Biest wurde er BEAST II (Beam Exorcism for A Stable ExperimenT) getauft. BEAST II wird Anfang 2018 mit der Datennahme beginnen.

Belle II ist Spezialist für die Suche nach einem feinen, aber für unsere Existenz entscheidenden Unterschied: dem zwischen Materie und Antimaterie. Dieser Unterschied ist der Grund dafür, dass das Universum fast ausschließlich aus Materie besteht, obwohl eigentlich beim Urknall Materie und Antimaterie zu gleichen Teilen entstanden sein müssten. Bei der Suche nach diesem Unterschied konzentrieren sich die Forscher auf sogenannte B-Mesonen, das sind Teilchen, die ein b-Quark oder b-Antiquark enthalten. Wegen der b-Quarks spielt der Buchstabe B eine so große Rolle in der Antimaterieforschung: Belle II steht am SuperKEKB-Beschleuniger, sein Vorgänger Belle am KEKB, und auch das LHCb-Experiment am CERN oder BaBar am SLAC in den USA tragen das B im Namen.

Die Belle II Collaboration besteht aus etwa 750 Wissenschaftlern von 101 Instituten aus 23 Ländern. Deutschland stellt mit zwölf Instituten nach Japan die zweitgrößte Forschergruppe und ist maßgeblich an Entwicklung und Bau des Vertexdetektors beteiligt. Der PXD wird in den kommenden Monaten am Halbleiterlabor und am Max-Plank-Institut für Physik in München zusammengebaut und soll anschließend bei DESY drei Monate lang ausgiebig getestet werden, bevor er schließlich Anfang 2018 nach Japan transportiert wird.

Wenn der Belle II-Detektor ab Anfang 2019 seinen vollen Betrieb aufnimmt wird er enorme Datenmengen erzeugen, die gespeichert, rekonstruiert und analysiert werden müssen. Hierfür werden DESY und GridKa in Karlsruhe signifikante Speicher- und Rechenkapazitäten zum Experiment beisteuern.