Bundesweites Projekt KONTAKT bringt die Teilchenphysik in die Öffentlichkeit

BMBF-Förderung lässt Bürger an der modernen Forschung teilhaben

Jugendliche am CERN. Bild: Netzwerk Teilchenwelt.

Zum 1. Januar 2019 startet das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte bundesweite Projekt KONTAKT, das vor allem Jugendlichen, aber auch der interessierten Öffentlichkeit die Physik der kleinsten Teilchen näherbringen wird. In dem Projekt, das den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft fördern will und neue Beteiligungsformen erprobt, kooperieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 30 Universitäten und Forschungsinstituten in Deutschland. Dazu stellt das BMBF erstmals Fördergelder innerhalb eines Forschungsrahmenprogramms bereit. Bei Forschungstagen in Schulen, Schülerlaboren oder Museen können Jugendliche und Lehrkräfte die faszinierende Forschung mit Beschleunigern und Teilchendetektoren kennenlernen und eigene Messungen durchführen. Außerdem wird ein mobiles Ausstellungsmodul entwickelt, das durch Deutschland touren wird, um Menschen an der spannenden Forschung rund um die Themen Urknall, Teilchenkollisionen und Antimaterie teilhaben zu lassen.

In der Teilchenphysik sind der offene Umgang mit Forschungsdaten, die Einladung zur Teilhabe und der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern wichtige Eckpfeiler der Forschung. Die Universitäten und Forschungsinstitute öffnen regelmäßig ihre Türen für die interessierte Öffentlichkeit, und sie laden ein zu Vorträgen, Diskussionen oder Laborführungen, bei denen man unter anderem über Virtual Reality-Formate in die Experimente eintauchen kann. Das neue Projekt KONTAKT (Kommunikation, Nachwuchsgewinnung und Teilhabe der Allgemeinheit an Erkenntnissen auf dem Gebiet der Kleinsten Teilchen) greift diese Aktivitäten auf und verbindet sie mit Programmen, die sich gezielt an Jugendliche und Lehrkräfte sowie die breite Öffentlichkeit richten.

Dazu nutzt das Projekt die bewährten Strukturen des deutschlandweiten Lehrnetzwerks Netzwerk Teilchenwelt. In dem mehrstufigen Programm können Schülerinnen und Schüler an der Forschung partizipieren und echte Daten vom CERN, vom IceCube-Detektor und vom Pierre Auger-Observatorium analysieren oder mit handlichen Detektoren selber kosmische Teilchen messen. „Diese Angebote sind mobil und finden in Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland statt – auch jenseits der großen Universitätsstädte“, erläutert Michael Kobel, Professor für Teilchenphysik an der Technischen Universität Dresden und Projektleiter von KONTAKT. „Viele Jugendliche interessieren sich für die aktuelle Physikforschung und wollen mehr über Higgs-Teilchen oder Neutrinos erfahren. Gerne diskutieren wir mit ihnen unsere Erkenntnisse über Aufbau und Entstehung des Universums“, so Kobel. In weiterführenden Programmstufen direkt am CERN und an den Forschungsinstituten können motivierte Jugendliche selber wissenschaftlich in den Themenfeldern arbeiten.

Um Bürgerinnen und Bürgern spielerisch einen Einblick in die Inhalte und Methoden der Teilchenphysik zu gewähren, wird im Rahmen des Teilchenphysik-KommunikationsprojektsWeltmaschine am Forschungszentrum DESY in Hamburg ein interaktives Ausstellungsmodul entwickelt, das anschließend durch Deutschland reisen wird. „Wir warten nicht in einem Uni-Hörsaal auf Besucher, sondern unser Modul wird zu den Leuten kommen. Auf dem Markt und in der Einkaufsstraße kann jedermann und -frau verschiedene Spiele ausprobieren, in denen sie mit echten Daten vom Teilchenbeschleuniger hantieren können“, erklärt Joachim Mnich, Direktor für Teilchen- und Astroteilchenphysik bei DESY. „Man muss dafür kein Physik-Fan sein – aber vielleicht wird man es ja danach.“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begleiten das Modul und treten in Dialog mit der Öffentlichkeit – auch jenseits von reinen Forschungsthemen geben sie gern Auskunft über den Wert und Nutzen der Grundlagenforschung für die Gesellschaft.

In der Elementarteilchenphysik forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit an Großgeräten. Dazu gehören der Large Hadron Collider LHC am europäischen Forschungszentrum für Teilchenphysik CERN in Genf, der IceCube-Detektor am Südpol, der Belle II-Detektor in Japan oder das Pierre Auger-Observatorium in Argentinien. Denn die Erforschung von Elementarteilchen wie dem Higgs-Teilchen und Neutrinos kann uns neue Erkenntnisse über Aufbau und Entstehung des Universums liefern. In den internationalen Kollaborationen werden wichtige Forschungsergebnisse erzielt, aber auch Grundlagen für Innovationen geschaffen – zum Beispiel moderne Behandlungsmethoden in der Tumortherapie. Im Rahmen von KONTAKT sollen Konzepte und Programme zur Wissenschaftsvermittlung, die sich auf dem Feld der Elementarteilchenphysik bewährt haben, auf Bereiche in der Hadronen- und Kernphysik ausgeweitet werden. Auch auf diesem Gebiet sind deutsche Forschungsgruppen breit vertreten, etwa durch Beteiligung an den Experimente bei FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt.

KONTAKT wird im Zeitraum 1.1.2019 bis 30.6.2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 1,28 Millionen Euro innerhalb des Rahmenprogramms „ErUM – Erforschung von Universum und Materie“ gefördert. Die Projektleitung ist an der TU Dresden angesiedelt, DESY in Zeuthen leitet das Teilprojekt Teilchendetektoren, ein weiteres Teilprojekt wird am CERN koordiniert.

  Die beteiligten Forschungseinrichtungen sind:

     RWTH Aachen
     Humboldt-Universität zu Berlin
     Ruhr-Universität Bochum
     Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
     GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung Darmstadt
     Technische Universität Dortmund
     Technische Universität Dresden
     Universität Duisburg-Essen
     Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
     Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt
     Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
     Justus-Liebig-Universität Gießen
     Georg-August-Universität Göttingen
     Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg in Kooperation mit der Universität Hamburg und in Zeuthen
     Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
     Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg
     Karlsruher Institut für Technologie KIT
     Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
     Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
     Ludwig-Maximilians-Universität München
     Max-Planck-Institut für Physik München
     Technische Universität München
     Westfälische Wilhelms-Universität Münster
     Universität Regensburg
     Universität Rostock
     Universität Siegen
     Eberhard-Karls-Universität Tübingen
     Bergische Universität Wuppertal
     Julius-Maximilians-Universität Würzburg