B-Fabrik geht in Serienproduktion

Kollisionen im Belle II-Teilchendetektor: Physikprogramm geht los

Eins der ersten Kollisions-Bilder des Belle-II-Detektors. Bild: Belle II / KEK

Bereit für Kollisionen: mit dem EInbau des Vertex-Detektors beginnt nun bei Belle II das Forschungsprogramm. Bild: Belle II / KEK

Jetzt kann die Suche richtig losgehen: Zum ersten Mal nach Vollendung des massiven Umbaus von Beschleuniger und Detektor gab es heute im aufgerüsteten Belle II-Teilchendetektor am japanischen Forschungszentrum KEK Kollisionen. Damit startet Belle II ganz offiziell sein Forschungsprogramm. Belle II ist eine internationale Forschungskooperation, an der auch DESY und elf weitere Institute in Deutschland maßgeblich beteiligt sind. Insgesamt gehören rund 900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 26 Ländern dazu.

Im Laufe der nächsten Jahre soll Belle II 50-mal so viele Daten wie sein Vorgänger (Belle) liefern und so einigen der noch offenen großen Fragen der Teilchenphysik auf auf den Grund gehen. Dazu zählen Fragen wie warum wir im Universum nur Materie sehen, obwohl beim Urknall genau so viel Materie wie Antimaterie entstanden sein muss, oder woraus die mysteriöse sogenannte Dunkle Materie besteht, die einen Großteil des Universums ausmacht. Die großen Datenmengen werden es ermöglichen, physikalische Phänomene so genau zu vermessen, dass selbst winzige Abweichungen, die nicht im theoretischen Grundkonstrukt, dem sogenannten Standardmodell der Teilchenphysik, vorgesehen sind, sichtbar werden. Alles dreht sich dabei um sogenannte B-Mesonen, anhand derer das Belle II-Team Abweichungen vom theoretisch vorhergesagten Verhalten dieser jeweils ein bottom-Quark oder bottom-Antiquark enthaltenden Teilchen erkennen kann.

„Das ist der Beginn eines aufregenden Physikabenteuers, und wir sind äußerst gespannt auf die Daten, die uns der Detektor liefern wird“, sagt Carsten Niebuhr, Belle-II-Forscher bei DESY. „Eine entscheidende Rolle kommt dabei dem Vertexdetektor zu, der in Deutschland entwickelt und gebaut wurde.“

Im Laufe der letzten neun Jahre ist die Forschungsanlage komplett umgebaut worden. Der Beschleuniger KEKB, der Elektronen und ihre Antiteilchen, die Positronen, zur Kollision bringt, wurde dank neuartiger Magnete und vielen technologischen Verbesserungen zu SuperKEKB, der nun in der Lage ist, einen viel kleinen Strahlfleck zu erzeugen und gleichzeitig die Strahlintensität zu erhöhen. Das führt zu einer um ein vielfaches gesteigerten Datenrate, was wiederum Physikanalysen von sehr seltenen Phänomenen möglich macht. Allerdings führt es auch zu viel mehr ungewollten Daten, dem sogenannten Untergrund, den die empfindlichen Detektorkomponenten aushalten und aus dem die relevanten Ereignisse herausgefiltert werden müssen.

Daher wurde auch der Belle-Detektor runderneuert und zu Belle II umbenannt. Ganz im Zentrum der neuen Teilchenkamera, die etwa acht Meter im Durchmesser misst und 1400 Tonnen wiegt, vermisst der sogenannte Vertexdetektor mit höchster Präzision den Entstehungspunkt der bei den Kollisionen neu erzeugten Teilchen. Er besteht aus zwei unabhängigen Komponenten und wurde wegen seiner Empfindlichkeit als allerletztes Bauteil im November eingesetzt. Den inneren Teil des Vertexdetektors bildet der in Deutschland entwickelte neuartige Pixeldetektor. Dieser aus zwei Halbschalen bestehende hochempfindliche Detektor, der nur etwa die Größe einer Getränkedose hat, wurde letztes Jahr vor dem Transport nach Japan bei DESY ausgiebig getestet.

Zunächst kollidieren die Teilchen noch mit geringerer Strahlintensität. Nach und nach werden die Beschleuniger-Physiker dann die Leistung steigern, bis die volle Leistung erreicht wird und neue Phänomene in Reichweite kommen. Für die angestrebten Präzisionsmessungen ist ein ausgezeichnetes Verständnis der Detektoren Voraussetzung. Mit den in den nächsten Monaten aufgezeichneten Daten werden daher alle Teildetektoren zunächst sorgfältig kalibriert und die Funktionsweise von Belle II durch Messung von bereits sehr gut bekannten physikalischen Größen überprüft und optimiert. Das Physikprogramm von Belle II ist auf etwa 10 Jahre ausgelegt.

Die durch das BMBF finanzierte Verbundforschungsförderung für Belle II ist eingebettet in das Rahmenprogramm „Erforschung von Universum und Materie (ErUM).