Mehr als 150 Forschende trafen sich zum Kickoff des neuen Sonderforschungsbereichs in Hamburg.
Mit einer internationalen Konferenz über „Höhere Strukturen, Modulräume und Integrabilität“ wurde Anfang April der gleichnamige Sonderforschungsbereich (SFB) von DESY und Universität Hamburg offiziell eröffnet. Aus diesem Anlass sind führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Bereich der Mathematischen Physik aus aller Welt nach Hamburg gekommen, um neuste Entwicklungen aus Algebra und Geometrie und deren Verbindung mit Quantenfeld- und Stringtheorie zu diskutieren. Unter den mehr als 150 Teilnehmenden sind auch viele junge Forschende, die seit dem Start des SFB vor fast einem Jahr nach Hamburg gekommen sind, um an den vielfältigen Projekten in Mathematik und Physik zu forschen. Diese Arbeit an den Grundlagen der Quantenwelt wird zunächst über einen Zeitraum von knapp vier Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Die bestehende enge Zusammenarbeit zwischen Mathematik und Physik in Hamburg weiter auszubauen – das ist ein wesentliches Ziel des neuen Sonderforschungsbereichs. „Der SFB fördert innovative mathematische Grundlagenforschung, die uns neue Werkzeuge für das Verständnis fundamentaler physikalischer Theorien geben wird“, erklärt Jörg Teschner, Professor im Fachbereich Mathematik der Universität Hamburg und Forscher in der DESY-Theorie, der den Antrag zusammen mit einer Gruppe von 15 Kolleginnen und Kollegen eingereicht hat. Forschungsergebnisse, die der SFB anstrebt, sollen auch im Rahmen des Exzellenzclusters „Quantum Universe“ dazu beitragen, das Universum und darin vorkommende Phänomene wie die Entwicklung von schwarzen Löchern fundamental zu verstehen.
„Wir vertiefen Forschungsgebiete, in denen Mathematik und Physik an ihre Grenzen stoßen, mit dem Ziel, diese Grenzen weit hinauszuschieben“, sagt Teschner. So sei zum Beispiel eine neue Art von Mathematik notwendig, um grundlegende physikalische Theorien der Elementarteilchen wie die Quantenfeldtheorie und die Stringtheorie so tiefgreifend zu verstehen, dass wichtige Wesenszüge dieser Welt begreifbar werden.
Dass dies bisher häufig noch nicht der Fall sei, liege vermutlich nicht daran, dass die vorhandenen Theorien falsch seien: „Vielmehr verstehen wir die von diesen Theorien vorhergesagten Effekte in vielen Bereichen noch nicht gut“, erklärt Mathematiker Teschner und zieht einen Vergleich zur Meteorologie. Auch dort seien die Grundgleichungen im Prinzip bekannt. Doch sind die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Elementen des Wettergeschehens so kompliziert, dass längerfristige Vorhersagen auch heute noch nicht gelingen. Eine ähnliche Situation finde man oft in Bezug auf die fundamentalen Theorien der Elementarteilchen.
Den neuen Sonderforschungsbereich haben Forschende aus der Mathematik und Physik der Universität Hamburg und von DESY gemeinsam beantragt. Beide Disziplinen versprechen sich einen hohen Nutzen von den Impulsen, die aus dem jeweils anderen Fach kommen. „Fragestellungen und Ideen aus der Physik liefern der Mathematik ganz neue Forschungsrichtungen. Diese sollten zum Beispiel grundlegende Aspekte der Geometrie komplizierter drei- und vierdimensionaler Räume endlich begreifbar machen. Andererseits brauchen Physikerinnen und Physiker neue Mathematik, um zu verstehen, wie die Natur im Innersten funktioniert“, so Teschner. Ein weiteres zentrales Ziel des Sonderforschungsbereiches ist die Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Damit soll Hamburg seine international herausragende Stellung als Standort für diese Art von Forschung weiter ausbauen. DESY-Theoretiker Volker Schomerus, der den SFB zusammen mit Jörg Teschner koordiniert, sieht in ihm die Fortsetzung einer langen Tradition: „Der neue SFB ist die Frucht einer Vision, die DESY und die Universität Hamburg schon vor 20 Jahren entwickelt haben, um in Hamburg eine Mathematische Physik mit internationaler Strahlkraft anzusiedeln. Seinerzeit wurde bei DESY eine neue Arbeitsgruppe in der Stringtheorie eingerichtet und gemeinsam das Hamburger Zentrum fuer Mathematische Physik gegründet.