ERC Starting Grant geht an Aditya Pathak

Pathaks TOPMASS-Projekt soll seit langem bestehende Probleme bei starker Wechselwirkungen lösen

Aditya Pathak (Bild: Marta Mayer, DESY)

Der DESY-Theoretiker Aditya Pathak hat für sein Forschungsprojekt TOPMASS einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten - eine der begehrtesten europäischen Förderungen für Nachwuchswissenschaftler. Ab September 2025 wird Pathak eine Gruppe leiten, die daran arbeitet, die Genauigkeit von Messungen der Masse des Top-Quarks zu verbessern. Dabei geht es um den Prozess, bei dem sich energiereiche Quarks und Gluonen, die in Teilchenkollisionen erzeugt werden, zu Hadronen (der Teilchenfamilie, aus der vor allem die Atomkerne bestehen) verbinden. Die genaue Bestimmung der Masse des Top-Quarks und die systematische Behandlung der Hadronisierung sind von entscheidender Bedeutung für viele andere Präzisionsmessungen in der Teilchenphysik, die derzeit noch stark von der Simulation von Teilchenkollisionen abhängen. Pathaks Vorschlag zielt darauf ab, diese Abhängigkeit zu beseitigen und die Masse des Top-Quarks genauer zu bestimmen.

Mit den renommierten Starting Grants fördert der ERC talentierte Nachwuchswissenschaftler:innen über einen Zeitraum von fünf Jahren mit bis zu 1,5 Millionen Euro, damit sie ihre herausragenden Forschungsprojekte realisieren und ein eigenes Team aufbauen können. Das Bewerbungsverfahren für ERC Starting Grants ist hart umkämpft: Im Ausschreibungsjahr 2024 waren rund 14 Prozent der Anträge erfolgreich, aus 3474 Anträgen wurden 494 Forscher:innen ausgewählt. Der ERC fördert das Projekt TOPMASS (voller Titel: „A new paradigm for high-precision Top mass and jet substructure measurements at the LHC“), weil es einen wichtigen Engpass bei der Suche nach neuer Physik adressiert. Das Top-Quark, das 1995 in den Experimenten D0 und CDF am Fermilab entdeckt wurde, gehört zu den massivsten Teilchen, die das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt. Da es zu den superschweren Teilchen der dritten Generation des Modells gehört, neigt es dazu, schnell in andere Teilchen zu zerfallen, was seine direkte Untersuchung erschwert.

Bestehende theoretische Strategien bieten zwar die Möglichkeit, die Masse des Top-Quarks zu messen, weisen aber mehrere große Schwächen auf, die TOPMASS beheben soll. Dazu gehört, dass man sich zu sehr auf eine statistische Wahrscheinlichkeitsmethode verlässt, die so genannte Monte-Carlo-Simulation, und dass man modellieren muss, wie energetische Quarks und Gluonen, die beim Zerfall des Top-Quarks entstehen, in Hadronen gebunden werden können. Hadronen, von denen Protonen und Neutronen die bekanntesten sind, werden durch die starke Kraft zusammengehalten, die von den 1979 bei DESY entdeckten Teilchen, den Gluonen, vermittelt wird. Das bedeutet, dass der so wichtige Übergang von Quarks und Gluonen zu Hadronen, eine grundlegende Eigenschaft der starken Kraft, nicht so klar ist, wie er sein sollte, was sich auf alle Arten von Messungen an Hochenergiebeschleunigern auswirkt.

Pathaks bisherige Forschung hat das Potenzial für eine Alternative zu diesen beiden Messblockaden aufgezeigt. Er hat eine neue Methode entwickelt, um die Spitzenmasse mit hoher Genauigkeit zu bestimmen, ohne auf Monte-Carlo-Simulationen angewiesen zu sein. Die Methode nutzt ein weiteres schweres Teilchen, das in den Zwischenzuständen des Zerfalls von Top-Quarks entsteht, das 1983 entdeckte W-Boson. „Meine Arbeit ist von der Kosmologie inspiriert, wo die Entfernungen zwischen Galaxien nicht direkt gemessen werden, sondern nur indirekt über sogenannte ‚Standardkerzen‘, pulsierende Sterne, deren Eigenleuchtkraft stark mit ihrer Pulsdauer zusammenhängt“, sagt Pathak. „Auch das W-Boson in der Zerfallskette der Top-Quarks, dessen Masse mit wesentlich höherer Genauigkeit bekannt ist, ist ein Geschenk der Natur, denn es liefert die dringend benötigte ‚Standardkerze‘ für die Messung der Top-Masse.“ Mit TOPMASS wird Pathak auf dieser Arbeit aufbauen und eine neue Methode entwickeln, um die Auswirkungen des Übergangs von Quarks und Gluonen in Hadronen auf verschiedenen Messungen in Kollidern. Wenn diese Entwicklungen abgeschlossen sind und sich als experimentell durchführbar erweisen, können sie dazu beitragen, ein noch klareres Bild eines fundamentalen Prozesses zu zeichnen, der der Entstehung der Materie, wie wir sie kennen, zugrunde liegt.

So kann eine bessere Kenntnis der Masse des Top-Quarks viel über das Schicksal des Universums verraten. Die Stabilität des Vakuums, in dem wir leben und das aufgrund von Quantenphänomenen keineswegs leer ist, sondern eher einem brodelnden Meer aus Energie gleicht, wird in der Teilchenphysik üblicherweise dazu verwendet, die zukünftigen Eigenschaften unseres sich entwickelnden Universums vorherzusagen. TOPMASS kann daher auch einen entscheidenden Beitrag zu solchen Vorhersagen leisten.

„TOPMASS ist ein kreativer Weg, die Masse des massivsten fundamentalen Teilchens zu messen, das wir in unserem Universum kennen“, sagt Beate Heinemann, DESY-Direktorin für Teilchenphysik. „Ich bin dankbar, dass der ERC seine innovativen Ideen mit dieser Förderung gewürdigt hat und wünsche ihm alles Gute für seine bahnbrechenden Ergebnisse.“