Die supraleitenden Magnete des ALPS II-Experiments sind auf ihre Betriebstemperatur von minus 269 Grad Celsius abgekühlt. Damit hat ALPS II einen wichtigen Schritt seiner Inbetriebnahme vollzogen. Nach mehr als 14 Jahren Pause fließt damit wieder Helium durch den HERA-Tunnel, in dem das Experiment aufgestellt ist. ALPS II-Sprecher Axel Lindner ist von seinem Team beeindruckt: „ALPS ist ein Paradebeispiel bereichsübergreifender Zusammenarbeit von hochmotivierten Jüngeren mit erfahreneren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die zum Teil auch ihre HERA-Kenntnisse mit eingebracht haben. Dank dieses phantastischen Teams haben wir allen Schwierigkeiten getrotzt und unseren vielversprechenden Kurs auf der Suche nach Dunkler Materie gehalten.“
Das „Licht-durch-die-Wand-Experiment“ ALPS (Any Light Particle Search) ist auf der Suche nach besonders leichten Teilchen, aus denen sich die Dunkle Materie zusammensetzen könnte. Mit der Hilfe von vierundzwanzig recycelten HERA-Magneten, Laserlicht und einem hochempfindlichen Detektor will das internationale Team nach diesen sogenannten axionartigen Teilchen suchen. Das Prinzip: In einem starken Magnetfeld könnten sich Photonen – Lichtteilchen – in diese geheimnisumwitterten Teilchen und wieder zurück in Licht umwandeln. Die erste Hälfte der in gerader Reihe aufgestellten HERA-Magnete umschließt dafür ein Vakuumrohr, in dem hochintensives Laserlicht hin- und hergespiegelt wird. Sollte sich ein Photon in ein Axion verwandeln, könnte dieses eine lichtdichte Wand durchqueren, die am Ende der Magnete steht. Dahinter könnte sich dieses Axion in einer fast gleich aufgebauten Magnetstrecke wieder in Licht zurückverwandeln, das durch den Detektor am Ende aufgefangen wird.
Seit der letzte der ALPS-Magnete vor etwa einem Jahr im Tunnel aufgestellt worden ist, wurden die supraleitenden Kabel der einzelnen Module verbunden, ebenso die Kälteleitungen und das Isolationsvakuum. Die Module wurden an die Stromversorgung und ans Kryosystem zur Befüllung mit flüssigem Helium angeschlossen. Nachdem das System zur Versorgung der HERA-Magneten Anfang November einen TÜV-Drucktest bestanden hat, öffneten die Operateure der Kryoanlage am 20. November die Helium-Ventile, um die Magnete um rund 300 Grad abzukühlen. Am 15. Dezember wurde schließlich der stabile Zustand von 4,2 Kelvin (-269 Grad Celsius) erreicht.
„Der Betrieb läuft exakt wie bei HERA“, sagt Detlef Sellmann vom DESY-Kryoteam. „Die Magnetspulen sind jetzt komplett von einphasigem Helium bei überkritischem Druck umgeben, das durch ein kontrolliertes Verdampfen von Helium kaltgehalten wird.“
Gleichzeitig wird von den Experimentator:innen überprüft, welche Einflüsse das Abkühlen etwa auf die Spiegelstrecke und auf die Spiegelung des Lichts innerhalb der Magnete hat. Axel Lindner zieht schon ein erstes Fazit: „Bisher bleibt unsere Optik stabil. Die Speicherung des Lichts zwischen den Spiegeln hat sich durch das Abkühlen nicht verändert.“
Um die Stabilität der optischen Komponenten zu testen, ist das rund 250 Meter lange Experiment im Moment noch mit einer Spiegelstecke über seine gesamte Länge ausgestattet. Die Spiegel und Wand, die in der Mitte des Experiments aufgestellt werden und das optische System komplettieren, werden zu einem späteren Zeitpunkt installiert. In einem nächsten Schritt wird das Verhalten der supraleitenden Magnete getestet, wenn rund 5600 Ampere Strom durch ihre Spulen fließen und sie ihr starkes Magnetfeld erzeugen. Für den Sommer 2022 ist dann der Beginn der Datennahme vorgesehen.