DESY-Physikerin Kerstin Tackmann wurde von der International Union of Pure and Applied Physics (IUPAP) mit dem Young Particle Physicist Prize für experimentelle Teilchenphysik 2014 ausgezeichnet. Sie bekam den Preis, bestehend aus einer Medaille und 1000 Euro Preisgeld, heute auf der internationalen Teilchenphysik-Konferenz ICHEP in Valencia verliehen. Prof. Hiro Aihara, Vorsitzender der IUPAP-Kommission „Teilchen und Felder“, erklärte: „Es ist uns eine Freude, Kerstin Tackmann für ihre herausragenden Beiträge zur aktuellen Elementarteilchenphysik auszuzeichnen, besonders zur Entdeckung des Higgs-Bosons durch die Analyse seines Photon-Photon-Zerfallskanal im ATLAS-Experiment.“
Im Sommer 2012 hatten die Teilchenphysik-Kollaborationen ATLAS und CMS bekanntgegeben, dass sie in ihren Experimenten am Large Hadron Collider LHC ein Teilchen entdecken konnten, dessen Eigenschaften dem lange gesuchten Higgs-Teilchen entsprechen. Eines der deutlichsten Signale, in denen sich dieses Teilchen in einem Teilchendetektor bemerkbar macht, ist der Zerfall in zwei Photonen. Kerstin Tackmann, die Mitglied der etwa 70-köpfigen ATLAS-Arbeitsgruppe bei DESY ist, war mit ihrer Helmholtz-Nachwuchsgruppe ein wichtiger Bestandteil des ATLAS-Analyseteams, das diesen Zerfallskanal akribisch untersuchte. Sie konnte essenzielle Beiträge zu der Analyse liefern und damit wesentlich zu dieser Entdeckung beigetragen.
Der Nachweis des inzwischen mit großer Sicherheit als Higgs-Boson identifizierten Teilchens bestätigt den sogenannten Brout-Englert-Higgs-Mechanismus, der den Elementarteilchen ihre Masse verleiht. Infolge der Entdeckung wurden die theoretischen Physiker Francois Englert und Peter Higgs, die den Higgs-Mechanismus 1964 beschrieben hatten, mit dem Physik-Nobelpreis 2013 ausgezeichnet.
Kerstin Tackmann (36) studierte in Dresden Physik und promovierte an der University of California in Berkeley. Nach einem Postdoc-Aufenthalt am CERN gründete sie 2011 eine Helmholtz-Nachwuchsgruppe bei DESY, die sich explizit der Suche nach dem Higgs-Teilchen im Photon-Photon-Kanal widmete. Seit dessen Entdeckung beschäftigt sich die Gruppe mit der präzisen Vermessung der Eigenschaften des neuen Teilchens, um herauszufinden, ob es in das Standardmodell der Teilchenphysik passt oder auf neue Physik jenseits des Standardmodells hinweist. Für ihre Arbeiten wurde Kerstin Tackmann bereits mit dem Hertha-Sponer-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und dem Bjørn Wiik-Preis ausgezeichnet.