Ein märchenhafter Meilenstein: am vergangenen Wochenende haben Wissenschaftler der internationalen Belle-II-Kollaboration am japanischen Forschungszentrum KEK eine entscheidende Komponente in den sich im Bau befindenden Teilchendetektor Belle II eingesetzt. Die Komponente heißt “BEAST” und wird für einige Monate die Strahlenbelastung um den Kollisionspunkt herum messen, bevor der eigentlich an dieser Stelle vorgesehene, neue und hochempfindliche Vertexdetektor voraussichtlich im Herbst 2018 eingebaut wird.
“Ein erster wichtiger Schritt ist geschafft, das Biest ist drin”, sagt Carsten Niebuhr, Leiter der Belle II-Gruppe bei DESY. Jetzt folgen Systemtests, und ab Anfang 2018 sollen dann tatsächlich die ersten Teilchen im neuen Belle II Detektor miteinander kollidieren. Zuvor muss aber noch das zentrale Strahlrohr für die Teilchen im Inneren des Detektors an die Fokussiermagnete des Beschleunigers angeschlossen werden. Dort drinnen ist es sehr eng, so dass das Vakuumsystem der beiden Teile sich nicht, wie sonst üblich, per Hand verbinden lässt. Deshalb wurde bei DESY eigens ein ferngesteuertes Vakuum-Verbindungssystem entwickelt. Im modernisierten Elektronen-Positron Beschleuniger SuperKEKB sollen mehr Teilchen kollidieren als je auf der Welt zuvor, und zentral für diesen Weltrekord sind die Fokussiermagnete.
Mit BEAST wollen sich die Wissenschaftler vorsichtig daran herantasten, wie sich diese enorme Erhöhung der Kollisionsrate auf den späteren Vertexdetektor auswirken wird. „Eine zu hohe Strahlenbelastung kann nämlich zur Zerstörung des sensitiven Vertexdetektors führen“, erklärt Carlos Marinas von der Uni Bonn, der für die Inbetriebnahme des Vertexdetektors verantwortlich ist.
Der Test-Detektor BEAST, der nach dem Märchen „Die Schöne und das Biest (Beauty (=Belle) and the Beast) “ benannt ist, enthält nur einen Teil der später zum Einsatz kommenden Komponenten. Bei den Sensormodulen für die pixelgenaue Ortsbestimmung deckt BEAST nur etwa ein Zehntel des gesamten Raumwinkels ab. Daneben sind in BEAST weitere Instrumente verbaut, die ausschließlich in dieser Testphase genutzt werden und besonders dafür geeignet sind, die genaue Zusammensetzung des Strahlenuntergrunds zu bestimmen. „Diese Information hilft den Beschleunigerphysikern zu lernen, wie sie SuperKEKB auf volle Leistung bringen können, ohne dabei unseren empfindlichen Detektor zu beschädigen“, sagt Marinas.
Die Belle II-Kollaboration besteht aus etwa 750 Wissenschaftlern von 106 Instituten aus 25 Ländern. Deutschland stellt mit zwölf Instituten nach Japan die zweitgrößte Forschergruppe, und ist für Entwicklung und Bau des Pixel-Vertexdetektors verantwortlich.
Belle II ist etwa zehn Meter hoch, zehn Meter breit und 1400 Tonnen schwer. Seine sieben Detektorsysteme sollen die in der Kollision von Elektronen und ihren Antiteilchen, den Positronen, entstehenden Teilchen und deren Zerfälle aufzeichnen, wenn die Datennahme so richtig beginnt.
Belle II ist unter anderem Spezialist für die Suche nach einem feinen, aber für unsere Existenz entscheidenden Unterschied: dem zwischen Materie und Antimaterie. Dieser Unterschied ist der Grund dafür, dass das Universum fast ausschließlich aus Materie besteht, obwohl eigentlich beim Urknall Materie und Antimaterie zu gleichen Teilen entstanden sein müssten. Bei der Suche nach diesem Unterschied konzentrieren sich die Forscher auf sogenannte B-Mesonen, das sind Teilchen, die ein b-Quark oder b-Antiquark enthalten. Wegen der b-Quarks spielt der Buchstabe B eine so große Rolle in diesem Forschungsgebiet: Belle II steht am SuperKEKB-Beschleuniger, sein Vorgänger Belle am KEKB, und auch das LHCb-Experiment am CERN oder BaBar am SLAC in den USA tragen das B im Namen.