Am 31. Oktober und 1. November haben sich führende Wissenschaftler:innen und Regierungsvertretende, hauptsächlich aus Europa und den USA, in Washington, DC, zur Transatlantic Big Science Conference getroffen. Auf Einladung und Initiative von DESY und der amerikanischen Forschungsstiftung Carnegie Science setzten sich die Teilnehmenden mit hochaktuellen Fragen zur internationalen Forschungszusammenarbeit auseinander, um gemeinsam Lösungsansätze für die Herausforderungen unserer Zeit zu erarbeiten.
„Die enge Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA in Forschung und Entwicklung ist ein wichtiger Baustein in der Bewältigung der globalen Krisen. Vor dem Hintergrund der komplexer werdenden geopolitischen Lage muss diese transatlantische Brücke weiter ausgebaut und noch besser abgestimmt werden. Nur so gelingt uns ein gemeinsames internationales Engagement und die dringend notwendige Stärkung weltweiter wissenschaftlicher Kooperationen“, so das erste Fazit von Helmut Dosch, dem Vorsitzenden des DESY-Direktoriums.
Globale Herausforderungen wie Klimakrise, Pandemie und Krieg prägen die weltweite Forschungszusammenarbeit. Wissenschaftler:innen auf der ganzen Welt fragen sich, wie sie angesichts dieser enormen Bedrohungen für die menschliche Zivilisation mit ihrer Forschung zu Lösungen beitragen und ihre Zusammenarbeit weiterentwickeln können.
Im Zentrum der Konferenz standen renommierte Wissenschaftseinrichtungen und Forschungszentren auf beiden Seiten des Atlantiks. Mit ihren großen Forschungsinfrastrukturen und ihren internationalen Wissenschaftsnetzwerken kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu, um im engen Austausch Wege und Antworten auf folgende Fragen zu finden:
Klimakrise und nachhaltige Lösungen. Jedes Jahr werden die Auswirkungen der globalen Erwärmung deutlicher, mit Katastrophen, die Menschenleben und Existenzen fordern. Wie können wir international noch enger zusammenarbeiten, um wirksamere Strategien zur Vermeidung einer vollständigen Katastrophe zu entwickeln?
Pandemien. COVID-19 hat die Welt in Aufruhr versetzt und die Wirtschaft und die sozialen Strukturen gestört. Was haben wir aus dieser Krise gelernt und wie können wir uns für zukünftige Krisen besser und resilienter aufstellen?
Neue Technologien. Die Entwicklung neuer digitaler Technologien wie Exascale-Computing, KI und Quantencomputing werfen große Fragen zur Technologiesouveränität, zur Standardisierung und zur Technikfolgenabschätzung auf. Wie können wir die Entwicklungen auf beiden Seiten des Atlantiks gemeinsam voranbringen und dabei ethische, ökonomische und sicherheitsrelevante Interessen mitberücksichtigen?
Bedrohung der akademischen Freiheit. Autoritäre Regierungen üben mehr und mehr Druck auf ihre Forschenden aus. Wie können wir internationale Kooperationen mit Ländern unter schwierigen Bedingungen noch zielgerichtet gestalten? Welche Rolle kann „Science Diplomacy“ hierbei spielen?
Weniger öffentliches Vertrauen in die Wissenschaft. Die Pandemie- und Klimakrise und die Art und Weise, wie sie über die Medien und die Politik die Öffentlichkeit erreicht haben, führten auch zu einem wachsenden Misstrauen gegenüber der ansonsten etablierten Wissenschaft. Was können wir tun, um die wissenschaftliche Kommunikation widerstandsfähiger gegen Desinformation zu machen und evidenzbasierte Entscheidungsfindungen zu fördern?
Die Veranstaltung stärkte den wichtigen Diskurs zwischen Politik und Wissenschaft auf beiden Seiten des Atlantiks und begründete neue Kooperationen, um zukunftsweisende Strategien für ein förderliches und resilientes Umfeld für die Wissenschaft zu entwickeln. Im Vorfeld der Konferenz fanden bereits Konsultationen mit starker Beteiligung von DESY zwischen hochrangigen Vertreter:innen der Helmholtz-Gemeinschaft und des amerikanischen Department of Energy (DOE) statt. Unter anderem wurden gemeinsame Roadmaps, verbesserte Rahmenbedingungen der Kooperation und die Auflage eines speziellen Helmholtz-DOE-Fellowship-Programms angeregt.
"Die Konferenz war ein vielversprechender Ausgangspunkt und sollte als Keimzelle für künftige Aktivitäten zur Förderung unserer transatlantischen Beziehungen dienen", sagt Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft.
Die Ergebnisse und Empfehlungen dieser ersten Transatlantic Big Science Konferenz werden in einem White Paper für Wissenschaft und Politik zusammengefasst. Eine Nachfolgeveranstaltung ist für das Jahr 2024 geplant.
Zu den Hauptakteuren der Konferenz gehörten Regierungsvertreter:innen aus den USA, der EU und Deutschland, der Direktor der US National Science Foundation, Sethuraman Panchanathan, sowie der Präsident der deutschen Helmholtz-Gemeinschaft, Otmar Wiestler. Zu den weiteren Redner:innen gehörten führende Vertreter:innen des CERN, der U.S. National Academy of Sciences, der International Union of Pure and Applied Physics, der Leopoldina Akademie und viele mehr. Auch Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger schickte eine Videobotschaft an die rund 130 Anwesenden, in der sie Freiheit und Demokratie als Basis für die Zusammenarbeit betonte und die Wichtigkeit der transatlantischen Beziehungen unterstrich.
"Dieses Treffen ist in diesen Zeiten besonders wichtig, damit wir verstehen, wie die Zukunft der Wissenschaft und die internationale Zusammenarbeit weitergehen kann", sagt Helmut Dosch, Co-Initiator und -Organisator der Konferenz. "Trotz der Herausforderungen, vor denen Wissenschaft und Gesellschaft international stehen, müssen wir neue Wege gehen, denn ohne ein friedliches Miteinander der Menschen kann die Wissenschaft nicht funktionieren."
Weitere Informationen finden Sie unter www.transatlanticscience.org.