Für ihre exzellente Doktorarbeit im Bereich der Plasma-Beschleunigerphysik ist DESY-Wissenschaftlerin Sarah Schröder nicht nur mit dem Promotionspreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in der Sektion Materie und Kosmos, sondern auch dem Helmholtz-Promotionspreis für missionsorientierte Forschung im Bereich Materie ausgezeichnet worden. Am 28. April fand die feierliche Übergabe des Helmholtz-Preises statt, den die Forschungsgemeinschaft jedes Jahr an Nachwuchsforschende verleiht, die Erkenntnissuche und Anwendungsmöglichkeiten in ihrer Forschung miteinander verbinden.
Wenn gleich die erste wissenschaftliche Veröffentlichung in Nature Communications erscheint, ist das ein gutes Omen für eine steile wissenschaftliche Karriere. So war es für DESY-Forscherin Sarah Schröder: Für ihre Doktorarbeit am Experiment FLASHForward hat sie zunächst einen Kollimator-Apparat entwickelt, einen metallischen Filter, mit dem ein Elektronenstrahl in zwei fein abgestimmte, aufeinanderfolgende Elektronenbündel zerstückelt werden kann, bevor diese in ein Plasma fokussiert werden. Bei der Inbetriebnahme der Kollimatoren hat sie festgestellt, dass diese auch für eine präzise Vermessung der beschleunigenden Felder im Plasma genutzt werden können – eine Grundvoraussetzung, um den Beschleunigungsprozess zu optimieren.
„Weil die Beschleunigerstruktur im Plasma so winzig ist, ist ihre Vermessung gar nicht so einfach“, erklärt Sarah Schröder. „Wir brauchen eine Auflösung von einem tausendstel eines Millimeters. Mit der neuen Messmethode konnten wir erstmals die enormen elektrischen Felder eines Plasmabeschleunigers im Detail vermessen und letztlich sogar präzise einstellen.“ Die neu entwickelte Optimierungsmethode wird heute routinemäßig bei FLASHForward eingesetzt und ist ein Grundpfeiler für die erreichte beispiellose Qualität der Beschleunigung.
Mit Plasmabeschleunigern könnten zukünftige Teilchenbeschleuniger kompakter und damit auch kostengünstiger gebaut werden. Ein Plasmabeschleuniger könnte auf wenigen Metern die gleichen Teilchenenergien erzielen wie die Beschleuniger, die heutzutage eine Größe von mehreren hundert bis tausend Metern haben. Man schießt dafür ein geladenes Teilchenbündel – bei FLASHFoward sind es Elektronen – in ein Plasma, also ein gasförmiges Material, bestehend aus freien Elektronen und Ionen. Hinter dem Elektronenbündel bildet sich eine Heckwelle aus Plasmaelektronen in deren Sog ein zweites Elektronenbündel beschleunigt werden kann.
Plasma-Experte Jens Osterhoff, der Schröders Promotion betreut hat, ist voll des Lobes: „Sarah ist eine bemerkenswerte Wissenschaftlerin. Ihr Erfolg ist absolut verdient und es ist ein großer Glücksfall, dass sie sich dazu entschlossen hat, ihre großartigen Talente auf dem Gebiet der Plasmabeschleunigerforschung einzubringen. Mit Kolleginnen wie Sarah ist das Feld in Zukunft in fantastischen Händen.“
DESY bleibt sie noch eine Weile erhalten: Nach ihrer Promotion, die sie im August 2021 abgeschlossen hat, führt sie ihre Arbeit bei FLASHForward im Rahmen eines DESY Fellowships fort. Ihr Forschungsschwerpunkt wendet sich nun dem nächsten großen Thema der Plasmabeschleunigung zu: der Beschleunigung mit hohen Wiederholungsraten. Dieses Gebiet ist noch ziemlich unbearbeitet, sowohl theoretisch als auch experimentell und seitens der verfügbaren Simulationsprogramme. In leitender Funktion wird sie beim Ausloten von technischen und fundamentalen physikalischen Limitierungen federführend mitwirken – eine spannende sowie herausfordernde Zeit steht bevor. Bis 2024 soll die aufeinanderfolgende Beschleunigung von Elektronenbündeln mit einem Abstand von nur einem millionstel einer Sekunde demonstriert werden. „Alle anvisierten Anwendungen für die strahlgetriebene Plasmabeschleunigung brauchen solche hohen Repetitionsraten“, erklärt Schröder. „Es gibt nur wenige Experimente auf der Welt, die sich ganz grundsätzlich der strahlgetriebenen Plasmabeschleunigung widmen. Davon ist FLASHForward derzeit das einzige Experiment, das die Forschung an hohen Wiederholungsraten erlaubt. Die nächsten Jahre hier werden also wegweisend für das gesamte Forschungsgebiet."