ALPS II stellt Weltrekord auf

Dunkle-Materie-Experiment bei DESY speichert Laserlicht für die längste Zeit zwischen zwei Spiegeln

Mitglieder des ALPS-Optik-und-Technik-Teams nach der erfolgreichen Installation des zentralen optischen Breadboards - einer Schlüsselkomponente des ALPS II-Experiments - in der Vakuumkammer. Bild: DESY

DESYs hauseigenes Dunkle-Materie-Experiment ALPS II - für "Any Light Particle Search" - läuft noch gar nicht, bricht aber schon jetzt Weltrekorde. Das Team, dessen Experiment im Tunnel des ehemaligen HERA-Beschleunigers steht und das mit Hilfe von wiederaufbereiteten HERA-Magneten (hoffentlich demnächst) Licht durch eine Wand schickt, hat es geschafft, Laserlicht 6,75 Millisekunden lang zu speichern. "Wir glauben, das ist ein Weltrekord für die längste Zeit, die Laserlicht zwischen zwei Spiegeln zirkuliert ist", sagt ALPS-II-Forscher Todd Kozlowski, Doktorand an der Universität von Florida. "Das ist ein klarer Beweis für die großartige Leistung unseres Optik-Kontrollsystems, die Umweltstabilität unseres Messplatzes und die hohe Qualität unseres Optik-Systems selbst." Der Rekord ist ein Meilenstein auf dem Weg zum Start des Experiments in einigen Monaten. Das PVLAS-Experiment für Quantenelektrodynamik in Italien hielt den bisherigen Weltrekord mit 5,4 Millisekunden.

ALPS II wurde über die letzten Jahre aufgebaut und befindet sich derzeit in der Inbetriebnahmephase. Während dieser Phase werden genaue Anpassungen und sorgfältige Tests an den Spezialgeräten vorgenommen, die erforderlich sind, um möglicherweise Teilchen zu finden, aus denen die geheimnisvolle dunkle Materie bestehen könnte. Mit Hilfe von vierundzwanzig recycelten HERA-Magneten, Laserlicht, hochpräziser long-baseline Interferometrie und einem hochempfindlichen Detektorsystem will das internationale ALPS-Team nach Axionen und axionartigen Teilchen suchen.

Die Grundidee ist, dass sich in einem starken Magnetfeld Photonen - Lichtteilchen - in Axionen verwandeln könnten und umgekehrt. Der erste Abschnitt der HERA-Magnete, der in einer geraden Linie angeordnet ist, umschließt eine Vakuumröhre, in der hochintensives Laserlicht in einer Spiegelkavität hin und her reflektiert wird. Würde sich ein Photon in ein Axion verwandeln, könnte es eine Wand in der Mitte der beiden Magnetstränge durchdringen. Dahinter könnte sich dieses Axion im zweiten Magnetstrang mit etwa demselben Aufbau wieder in Licht verwandeln, wiederum in einer Spiegelkavität.

Die Spiegelkavitäten verstärken das Licht des Lasers, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sich eines der Photonen in ein Axion verwandelt. Allerdindings kann man nicht einfach einen Laserstrahl in einen beliebigen Spiegelraum schießen und hoffen, dass etwas passiert. Diese rekordverdächtige Lichtspeicherzeit ist nur mit extrem hochwertigen Spiegeln möglich, die auf mikroskopische Glätte poliert und mit speziellen dielektrischen Schichten überzogen sind, um nahezu das gesamte Licht zu reflektieren. Ein einzelnes Photon legt rund 2000 Kilometer zurück, während es im Hohlraum gespeichert wird.

Außerdem müssen die relativen Längen der beiden Spiegelkavitäten mit einer Genauigkeit kleiner als der Durchmesser eines Atoms gesteuert werden, damit sie absolut gleich sind. Das Team musste ein System zur Ultra-Feinabstimmung der Spiegel entwickeln, um genau die richtige Resonanzfrequenz zu erreichen. "Dieses System haben wir in den letzten zehn Jahren entwickelt ", erklärt ALPS-Wissenschaftler Aaron Spector. "Ein Experiment dieser Größenordnung hat es zuvor noch nie gegeben, wir mussten also ohne jegliche Erfahrung beginnen.“ Im Laufe der Zeit hat sich das Team zur Weltspitze in der hochpräzisen Interferometrie mit langer Basislinie entwickelt.

Letztendlich soll die Speicherzeit auf 12 bis 15 Millisekunden verlängert werden. "Wir liegen noch etwa 50 % unter unserem Ziel. Man kann sich also vorstellen, dass der Aufbau des Experiments sehr hochwertige Spiegel und strenge Handhabungsverfahren erfordert", sagt Kozlowski. ALPS II soll gegen Anfang 2023 mit der Datennahme beginnen.

 
Dunkle Materie

Dunkle Materie ist eines der größten Rätsel der Physik. Beobachtungen und Berechnungen der Bewegung von Sternen in Galaxien zeigen zum Beispiel, dass es im Universum mehr Materie geben muss, als wir mit den heute bekannten Materieteilchen erklären können. In der Tat muss die dunkle Materie 85 % der gesamten Materie im Universum ausmachen. Allerdings wissen wir derzeit nicht, woraus sie besteht. Wir wissen jedoch, dass sie nicht mit der normalen Materie wechselwirkt und im Wesentlichen unsichtbar ist, weshalb sie als "dunkel" bezeichnet wird.

Es gibt mehrere Theorien, die versuchen, die Natur der dunklen Materie und die Teilchen, aus denen sie bestehen könnte, zu erklären. Eine dieser Theorien besagt, dass die dunkle Materie aus sehr leichten Teilchen mit sehr spezifischen Eigenschaften besteht. Ein Beispiel ist das Axion, das ursprünglich postuliert wurde, um Aspekte der starken Wechselwirkung, einer der fundamentalen Kräfte der Natur, zu erklären. Es gibt auch rätselhafte astrophysikalische Beobachtungen wie Diskrepanzen in der Entwicklung von Sternsystemen, die ebenfalls durch die Existenz von Axionen oder axionähnlichen Teilchen erklärt werden könnten.