6. International Cosmic Day

Forschung vernetzt weltweit Jugendliche für einen Tag

Kosmischer Teilchenbeschleuniger: Der Krebsnebel im Sternbild Stier. Bild: NASA/CXC/SAO

Zum sechsten International Cosmic Day haben sich am Donnerstag Jugendliche in zahlreichen Ländern zusammengefunden, um gemeinsam die Boten des Weltalls zu erkunden. Mit selbst durchgeführten Experimenten untersuchen die Teilnehmer kosmische Teilchen, die uns unbemerkt durchfliegen, diskutieren mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Messungen und arbeiten einen Tag wie in einer internationalen Forschergruppe. Forschungseinrichtungen weltweit öffnen dafür ihre Türen und schließen sich zusammen, um den Jugendlichen diesen spannenden Forschertag in der Astroteilchenphysik zu ermöglichen. Initiiert wurde die Veranstaltung von DESY in Kooperation mit dem Netzwerk Teilchenwelt in Deutschland sowie dem Forschungszentrum Fermilab mit seinem Lehrernetzwerk QuarkNet in den USA.

Das Gebiet der Astroteilchenphysik ist ein relativ junges Forschungsfeld, welches sich seit einigen Jahren rasant entwickelt. Mittels internationaler Zusammenarbeiten und modernster Technik wird es möglich, das Universum in dem wir leben, immer genauer zu erforschen. Es werden riesige Observatorien gebaut, um die kleinsten Teilchen zu detektieren, die den Kosmos durchströmen. Diese kosmischen Teilchen liefern notwendige Informationen, um Einblicke in die gewaltigen Vorgänge in unserem Universum zu erhalten. Die moderne Astroteilchenphysik will Erklärungen für Phänomene finden, an denen die Wissenschaft seit Jahrzenten knobelt.

„Unsere Forschung profitiert von einer Vielzahl an Persönlichkeiten und Nationalitäten mit unterschiedlichen Kulturen und Ausbildungen. Gemeinsam erforschen wir jeden Tag unser Universum. Es ist großartig, dass am International Cosmic Day mehr als 100 Gruppen von Jugendlichen in 20 Ländern weltweit dies selbst erleben können“, sagt der Leiter des DESY-Standortes in Zeuthen, Christian Stegmann. Von Bolivien bis China und von Dänemark bis Äthiopien haben sich Gruppen angemeldet.

Auch wenn wir es nicht wahrnehmen, fliegen die Boten aus dem Weltall permanent durch uns hindurch. Wenn Teilchen aus dem Kosmos auf die Atmosphäre der Erde treffen, erzeugen sie einen Schauer aus tausend neuen Teilchen. Viele der neuen Teilchen zerfallen nach kurzer Zeit. Nicht so die Myonen. Sie können den Erdboden erreichen und uns so die Geschichten des Universums erzählen.

Die eigens für Schülerinnen und Schüler entwickelten Experimente erlauben es den Jungforschern, selbst kosmische Teilchen zu messen. Mit den Detektoren, zumeist nicht größer als ein Laptop, wird am International Cosmic Day untersucht, aus welcher Richtung die meisten Myonen kommen. Erreichen uns aus allen Richtungen gleichviele Myonen, oder gibt es eine Vorzugsrichtung? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie geschulte Lehrkräfte unterstützen die Jugendlichen, die Messungen zu planen, umzusetzen, die gewonnenen Daten auszuwerten und graphisch darzustellen. Die Jugendlichen können anschließend ihre gewonnenen Erkenntnisse in einer Videokonferenz mit den anderen Teilnehmern weltweit austauschen. Dieses gemeinsame Analysieren, Vergleichen und Diskutieren zeigt den Jugendlichen, wie internationale Zusammenarbeit gelingen kann und wie Wissenschaft als verbindendes Element über Ländergrenzen, sprachliche Barrieren und kulturelle Unterschiede hinweg fungiert. „Es ist jedes Jahr wieder bemerkenswert, wie schnell die Jugendlichen den Forschergedanken annehmen und sich begeistert, offen und auch kritisch in den Videokonferenz austauschen.“, erläutert die Koordinatorin der Astroteilchen-Projekte für Jugendliche bei DESY und im Netzwerk Teilchenwelt, Carolin Schwerdt.

Daten aus der Forschung sollen an dem Tag natürlich nicht fehlen. Die internationalen Forschungsexperimente ATLAS und IceCube werten für den International Cosmic Day ihre Messungen aus und präsentieren den jungen Teilnehmenden die Ergebnisse. „Der International Cosmic Day bietet Jugendlichen die Möglichkeit, sowohl eigene Messdaten aufzunehmen und auszuwerten, als auch Einblick in die Datenanalyse der großen Experimente weltweit zu bekommen. Diese Beteiligung ist ein wesentlicher Baustein im Verständnis, wie Wissenschaft funktioniert", bestärkt der Leiter des Netzwerk Teilchenwelt, Michael Kobel von der TU Dresden.

ATLAS ist ein Teilchendetektor am Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider LHC am CERN. Im LHC werden Protonen auf hohe Energien beschleunigt und in ATLAS kontrolliert zur Kollision gebracht. Genauso, wie es in der Natur sekündlich passiert, wenn ein kosmisches Teilchen auf einen Atomkern der Atmosphäre trifft, entstehen bei der Kollision im Detektor viele neue Teilchen. ATLAS kann deren Spuren präzise detektiert. Durch die Auswertung vieler Kollisionen können die Forscherinnen und Forscher die dabei stattfindenden fundamentalen Prozesse genauestens untersuchen. Werden im LHC keine Teilchen beschleunigt, kann ATLAS trotzdem Teilchen messen. Bei eingeschaltetem Detektor hinterlassen dort dann nur die kosmischen Myonen ihre Spuren.

IceCube am Südpol ist auf der Suche nach hochenergetischen Neutrinos, die aus dem Weltall kommen und deren Ursprung explodierende Sterne, Gamma Ray Bursts und andere Quellen sind. Diese Neutrinos werden indirekt über Myonen nachgewiesen, die entstehen, wenn ein Neutrino im Detektor wechselwirkt. Eine wesentliche Aufgabe dabei ist es, diese Myonen von denen aus der Atmosphäre zu unterscheiden. Auch wenn beide Experimente unterschiedliche Forschungsschwerpunkte haben, messen sie die kosmischen Myonen und können zu den Untersuchungen und Diskussionen am Internationalen Cosmic Day beitragen.

 

International Cosmic Day: https://icd.desy.de