Ulrich Husemann ist DESYs neuer Forschungsdirektor für den Bereich Teilchenphysik. Foto: DESY, Jörg Müller
Der neue Forschungsdirektor für Teilchenphysik bei DESY steht fest: Ab dem 1. November übernimmt Ulrich Husemann, zuletzt Professor am Karlsruher Institut für Technologie KIT, das Amt. Das Forschungszentrum ist für den Teilchenphysiker vertrautes Terrain: Bereits während seiner Diplom- und Doktorarbeit arbeitete Husemann an DESY-Experimenten, war Nachwuchsgruppenleiter in Zeuthen und zuletzt Mitglied im physikalischen Beratungsgremium PRC. Nachdem seine Vorgängerin Beate Heinemann im März zur Vorsitzenden des Direktoriums ernannt wurde, hatte Ties Behnke, leitender Wissenschaftler bei DESY, den Forschungsbereich kommissarisch geführt.
„Ulrich Husemann ist nicht nur in der Teilchenphysik sehr breit aufgestellt, sondern kennt auch die deutsche und internationale Forschungslandschaft ausgesprochen gut. Ich könnte mir keinen besseren Nachfolger vorstellen, bin gespannt auf seine Ideen und freue mich auf die Zusammenarbeit“, sagt Beate Heinemann, Vorsitzende des DESY-Direktoriums. „Mein besonderer Dank gilt Ties Behnke, der den Bereich mit seiner breiten Kompetenz ein zweites Mal kommissarisch geleitet hat.“
Der gebürtige Westfale Husemann war als Diplomand zum ersten Mal auf dem DESY-Campus in Hamburg. Als Student der TU Dortmund war er am HERA-B-Experiment am damals noch laufenden HERA-Beschleuniger bei DESY beteiligt. Nach dem Diplom ordnete sein Dortmunder Professor ihn zwischen 2001 und 2003 als „seinen Mann am Experiment“ und Experten für Myon-Pretrigger und RICH-Multiplizitätsveto nach Hamburg ab. „Bei HERA-B konnten wir viel selbst machen– teilweise habe ich sogar Elektronik-Boards mit dem Zug aus Dortmund mitgebracht“, erinnert sich Husemann. Nach dem Wechsel seines Professors nach Siegen promovierte er dort und sammelte auch erste Erfahrungen in der Lehre. Um weiter an einem laufenden Experiment arbeiten zu können, ging er für seine Postdoktorandenzeit in die USA und wurde während der Arbeit am CDF-Experiment am Fermilab nahe Chicago zusätzlich zum Experten für Siliziumdetektoren und Top-Quark-Physik.
Mit dieser Expertise im Gepäck kam 2008 er zurück zu DESY, um als Nachwuchsgruppenleiter in der ATLAS-Gruppe am Standort Zeuthen in Kooperation mit der Humboldt-Universität Berlin das Upgrade des ATLAS-Detektors am Large Hadron Collider (LHC) am CERN bei Genf vorzubereiten. „Das war eine aufregende Zeit, weil der LHC gerade anlief und wir mit den ersten Kollisionsdaten das Top-Quark 'wiederentdeckt' haben“, so Husemann. Im Jahr 2011 erhielt er einen Ruf auf eine Professur am KIT und wechselte zum CMS-Experiment am LHC. Das KIT gehört ebenfalls zur Helmholtz-Gemeinschaft – eine optimale Vorbereitung für die Direktorenstelle. Durch seine Rolle im DESY-PRC, die er von 2019 bis 2024 innehatte, weiß er auch über das bei DESY laufende Physikprogramm genau Bescheid. Zusätzlich ist er, als einer der Vertreter Deutschlands für das Update der Europäischen Strategie für Teilchenphysik aktiv in die Gestaltung der internationalen Physik-Forschungslandschaft der Zukunft eingebunden.
Neben Ulrich Husemann gehören Beate Heinemann, Wim Leemans, Britta Redlich, Christian Stegmann und Iris Wilhelm zum Direktorium. „Das Team hat sich in den letzten Jahren stark verändert; die vielen neuen Direktorinnen und Direktoren bringen eine tolle Dynamik und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Direktorium und den vielen exzellenten Mitarbeitenden bei DESY“, sagt Husemann. Er ist bei DESY für den Forschungsbereich Teilchenphysik und IT zuständig und hat auch schon Ideen und Pläne für die Zukunft. „DESY bietet eine sehr gute Basis für einen starken Standort und viele Gestaltungsmöglichkeiten, sei es lokal mit den Exzellenzclustern und der Science City, national mit Helmholtz und BMFTR und international mit Forschungszentren wie dem CERN. Als nationales Forschungszentrum hat DESY in der Zusammenarbeit mit den Forschungsgruppen an deutschen Unis eine besondere Vermittlerrolle für zukünftige internationale Großprojekte, die ich gern ausbauen möchte.“ Husemann möchte auch sein persönliches Steckenpferd bei DESY stärken: in Kooperation mit anderen Helmholtz-Zentren soll DESY als Technologiezentrum für Detektoren und Mikroelektronik der neuesten Generation ausgebaut werden –dazu gehören auch Quantensensoren. „Wir müssen wir uns breit aufstellen mit einem attraktiven Programm an den DESY-Standorten und Beteiligung an internationalen Großprojekten. Auf diese Weise sind wir auf jeden Fall bei den spannenden physikalischen Entwicklungen der Zukunft dabei.“
Zusätzlich hat sich der neue Forschungsdirektor auf die Fahnen geschrieben, verlässliche Karrierepfade im technischen und wissenschaftlichen Bereich zu erarbeiten. Auch das Image der Grundlagenforschung bei der allgemeinen Öffentlichkeit liegt ihm am Herzen: Er möchte nicht nur Forschungs-Fans erreichen, sondern auch die Menschen, die sich eigentlich nicht für Forschung und Technik interessieren.
Wenn er nicht lehrt, forscht oder in Gremien sitzt, ist Husemann gern sportlich unterwegs: Er ist leidenschaftlicher Fahrradfahrer und seit seiner Doktorandenzeit in Hamburg regelmäßiger Läufer. Und falls es eine Big Band, Funk- oder Soul-Combo in Hamburg und Umgebung gibt, die einen Tenorsaxophonisten sucht, könnte der neue Forschungsdirektor ihr Mann sein.