Alle ALPS-Magnete jetzt im Tunnel

Dunkle-Materie-Experiment bei DESY macht Fortschritte

Einbau des vorletzten supraleitenden Magneten. Für ALPS wurde die alte HERA-Tram reaktiviert. Bild: DESY / Heiner Müller-Elsner

Zwischen den beiden letzten eingesetzten Magneten sollen später die Teilchen durch die Wand gehen. Bild: DESY / Heiner Müller-Elsner

DESYs „Licht-durch-die-Wand-Experiment“ ALPS II nimmt immer mehr Form an. ALPS, eine Abkürzung für „Any Light Particle Search“, also die Suche nach leichten Teilchen, wird in einem Tunnelabschnitt des ehemaligen HERA-Beschleunigers gebaut. Mit der Hilfe von vierundzwanzig ehemaligen HERA-Magneten, Laserlicht und einem hochempfindliche Detektor will das internationale Team nach Dunkler Materie suchen. In den letzten Wochen wurden alle supraleitenden Magnete in den Tunnel gebracht und heute wurde die letzte große Komponente für die Verbindung der Magnete eingebaut.

Vor fast genau einem Jahr feierte das ALPS-II-Team den Einbau des ersten Magneten im Tunnel; in knapp einem weiteren Jahr könnte die Datennahme beginnen, wenn alles nach Plan verläuft. „Wir sind sehr stolz“, fasst Projektleiter Axel Lindner von DESY die Stimmung der Truppe zusammen. „Wir haben in der Entwicklung von ALPS so oft die Worte „geht nicht“ gehört, und am Ende ging es doch immer, sogar mitten in einer Pandemie.“ Die Nutzung des Tunnels, Veränderungen an den supraleitenden Magneten, das komplizierte Lasersystem, der hochempfindliche Detektor – all das schien erst unmöglich und wird gerade Wirklichkeit. „Gelungen ist dies durch das große Engagement vieler „alter“ DESYaner*innen, die noch die Geheimnisse von HERA kennen, und den Beteiligten aller Kollaborationspartner, dank deren Know-How wieder modernste Technologien in den HERA-Tunnel einziehen.“

Hoffentlich kann ALPS II bei laufendem Betrieb ein weiteres „geht nicht“ aus dem Weg räumen. Bisher ist es noch keinem Experiment auf der Welt gelungen, Dunkle Materie experimentell nachzuweisen. Forscherinnen und Forscher nutzen Teleskope, Teilchenbeschleuniger und auch riesige unterirdische Tanks, um nach ihr zu suchen, und ihre Entdeckung wäre eine Sensation, denn auf einen Schlag würden wir um ein Vielfaches mehr über unser Universum wissen als bisher.

Die Natur der Dunklen Materie ist eines der größten Rätsel der Physik. Beobachtungen und Berechnungen der Bewegung von Sternen in Galaxien zeigen, dass es im Universum mehr Materie geben muss, als wir mit den uns heute bekannten Materieteilchen erklären können. Tatsächlich müsste die Dunkle Materie 85 % der gesamten Materie im Universum ausmachen. Allerdings wissen wir derzeit nicht, was die Bestandteile der Dunklen Materie sind. Aber wir wissen, dass sie quasi nicht mit der normalen Materie interagiert und im Wesentlichen unsichtbar ist, daher die Bezeichnung "dunkel".

Es gibt viele Theorien, die versuchen, die Natur der Dunklen Materie und die Teilchen, aus denen sie bestehen könnte, zu erklären. Einige dieser Theorien besagen, dass die Dunkle Materie aus sehr leichten Teilchen mit sehr spezifischen Eigenschaften besteht, zum Beispiel dem Axion. Es wurde ursprünglich zur Erklärung von Aspekten der starken Wechselwirkung, einer der fundamentalen Naturkräfte, postuliert. ALPS wurde speziell dafür entwickelt, diese Teilchen zu erzeugen und nachzuweisen. Ein starkes Magnetfeld kann Axionen dazu bringen, sich in Lichtteilchen, Photonen, umzuwandeln und umgekehrt.

Das starke Magnetfeld herrscht in den vierundzwanzig supraleitenden Beschleunigermagneten. Links und rechts von einer Wand stehen je zwölf davon und beherbergen zwei 120 Meter lange optische Resonatoren – eine Art langes Spiegelkabinett. Ein leistungsstarkes und komplexes Lasersystem erzeugt Licht, das durch den Resonator im Inneren des Magnetfeldes verstärkt und, so hoffen die Forscherinnen und Forscher, zu einem sehr kleinen Teil in Teilchen der Dunklen Materie umgewandelt wird. Eine lichtblockierende Barriere - eine Wand – steht vor der anderen Hälfte von ALPS II. Diese Wand ist allerdings keine Hürde für Axionen und ähnliche Teilchen, die sie leicht passieren können. Im zweiten Resonator würden die Teilchen der Dunklen Materie wieder in Licht umgewandelt. Das winzige Signal wird von speziellen, hochempfindlichen Detektionssystemen erfasst.

Die nächsten Schritte für ALPS II ist die Fertigstellung von drei Reinräumen, in denen die komplexe und hochempfindliche Optik aufgebaut werden wird. „Wir hoffen, in einem Jahr die Suche nach dunkler Materie beginnen zu können“, sagt Guido Müller, Professor an der University of Florida, Gainesville, und stellvertretender Sprecher der ALPS-Kollaboration.